Die Historische Kommission für Schlesien, der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Staaten und Fachdisziplinen angehören, ist eine der renommiertesten Institutionen, die sich in Deutschland mit der Kultur und Geschichte des östlichen Mitteleuropa beschäftigen. Seit dem Zusammenbruch der kommunistischen Zwangsherrschaft und der EU-Osterweiterung kommt diesem Teil Europas eine immer größere Bedeutung zu – im öffentlichen Bewusstsein ebenso wie im wissenschaftlichen Umfeld. Mit Blick auf die spezifisch deutschen Wissenschaftstraditionen besitzt die Historische Kommission für Schlesien eine wichtige Scharnierfunktion zwischen der unverändert starken Osteuropäischen Geschichte mit ihrer weitgehenden Beschränkung auf die ostslawische Geschichte und der noch immer auf die eigenen Nationalgeschichten des westlichen Europa konzentrierten Allgemeingeschichte.
Schlesische Geschichte wird heute in drei Staaten – in Deutschland, in Polen und in Tschechien – als Teil der eigenen Geschichte empfunden. Die Historische Kommission für Schlesien kooperiert daher mit zahlreichen Institutionen in den östlichen Nachbarländern, sie unterstützt neben deutschen auch polnische und tschechische Forschungsvorhaben und sucht den direkten Austausch mit den Fachleuten in diesen Ländern zu allen Bereichen der schlesischen Geschichte. Vielfältige wechselseitige Kontakte und Einladungen bezeugen, dass sie ein anerkanntes Forum und ein gesuchter Ansprechpartner für polnische und tschechische Wissenschaftler ist, die zum Teil direkt in der Kommission mitarbeiten.
Als die Historische Kommission für Schlesien im Spätherbst 1921 in Breslau gegründet wurde, waren die politischen und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen naturgemäß andere als in der Gegenwart. Der Bezug zur Heimat- und Volksgeschichte war deutlich erkennbar, und auch die Abgrenzung von der Geschichtsschreibung in den nach dem Ersten Weltkrieg neu entstandenen slawischen Nachbarstaaten – Polen und der Tschechoslowakei – ist nicht zu übersehen. Außerwissenschaftliche Interessen wurden in der Kommission allerdings nicht verfolgt. Inhaltlich konzentrierte man sich zunächst auf die Herausgabe biographischer Nachschlagewerke, eines Schlesischen Urkundenbuchs und einer wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden ersten Gesamtgeschichte des Landes. Tief war der Einschnitt durch den Zweiten Weltkrieg, denn mit dem Untergang Preußens und dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches gingen auch die Grundlagen der ostdeutschen Landesgeschichtsschreibung verloren. Als Forschungsobjekt ist die Geschichte Schlesiens nach 1945 zu einer Domäne der polnischen Geschichtsforschung geworden. Die Historische Kommission für Schlesien vermochte erst im Herbst 1951 ihre Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland wieder aufzunehmen. Die seither vorgelegten wissenschaftlichen Ergebnisse, die auf dieser Homepage in einem gesonderten Verzeichnis aufgelistet werden, sind gleichwohl beachtlich.
Die Historische Kommission für Schlesien ist bemüht, das kulturelle Erbe als Teil der gemeinsamen Geschichte von Deutschen und ihren Nachbarn im Osten anzunehmen und als Chance für einen fruchtbaren Dialog und eine konstruktive Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien zu nutzen. Sie versteht sich daher auch als Vermittler zwischen Ost und West, zwischen Institutionen und Einzelinitiativen, zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Sie bringt Menschen zu Austausch und Kooperationen zusammen, regt neue Forschungsvorhaben an, betreibt Nachwuchsförderung und sorgt für die öffentliche Wahrnehmung ihrer Arbeit.